Die Filterblasen-Schwäche

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Postfaktische Politik ist nichts Neues

Politik und öffentliche Meinungsbildung sind heute immer weniger von Fakten und immer mehr von Stimmungen und Gefühlen geleitet. Das Zeitalter der postfaktischen Politik sei nun angebrochen, sagt man seit einiger Zeit. Obwohl die Tendenz, nur das zu sehen, was man will, alt und in der Sozialpsychologie umfassend beschrieben ist, macht dieses Verhalten nun also Furore. So wurde „postfaktisch“ von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2016 gekürt.

Ein verwandtes Phänomen umschreibt das Schweizer Wort des Jahres 2016: Die „Filterblase“. Damit wird beschrieben, wie soziale Medien die selektive Informationssuche begünstigen und damit für jeden Einzelnen eine eigene Blase an Informationen im Internet schaffen. So entsteht bei den Nutzern ein durch Algorithmen verzerrtes, enges Weltbild – diese Verzerrung nenne ich die «Filterblasen-Schwäche».

Neu ist aber wie oben beschrieben nicht die Tendenz, sich nur das anzusehen, was man will. Neu ist, nur das sehen zu können, was die sozialen Medien für einen herausgefiltert haben. Filterblasen beeinflussen deshalb die Meinungsbildung – was gefährlich sein kann.

Menschliche Nähe hilft

Sich als Unternehmer auf allen möglichen sozialen (Social Media) und klassischen (Public Relations) Medienkanälen zu tummeln, ist trotzdem zeitgemäss und richtig. Aber es genügt nicht. Denn mit quasi anonymer Kommunikation allein wird kein Vertrauen geschaffen. Einem Tweet wird heute noch weniger vertraut als früher einem Hochglanz-Prospekt. Es braucht Nähe – ja, menschliche Nähe.

Was heisst das nun für den Unternehmer, der mit Public Affairs sein Umfeld positiv gestalten möchte, um erfolgreich zu Geschäften oder in seinem Projekt Zeit, Geld und Ärger sparen will? Die beiden Antworten heissen «Governmental Relations» und «Corporate Social Responsibility».

Governmental Relations, also der Aufbau und die Pflege tragfähiger Arbeitsbeziehungen mit den relevanten Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung sowie weiteren Stakeholdern, ist die eigentliche Königsdisziplin der Public Affairs. Diese Beziehungspflege ist ein zentrales und wesentliches Element, da sie die grundlegende Voraussetzung dafür bildet, Interessen zu artikulieren und durchzusetzen. Wichtig ist dabei erstens die Langfristigkeit der Beziehung. Zweitens müssen Wissen und Informationen ausgetauscht werden, damit beidseitig Verständnis und Vertrauen herrschen. Stakeholder kurzfristig aufzubieten und sie im Monolog mit den eigenen Anliegen zu bombardieren, kann kontraproduktiv wirken.

Corporate Social Responsibility (CSR)

Corporate Social Responsibility (CSR) nennt man die Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft. Das Unternehmen muss aktiv Verantwortung gegenüber der Gesellschaft übernehmen und sich mittels «Corporate Citizenship» als deren Teil positionieren. Denn die «licence to operate» vom gesellschaftlichen Umfeld erhält ein Unternehmen längerfristig nur, wenn dieses seine ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt und dies auch zeigt. Diese «Corporate Social Responsibility» (CSR) ist entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Gefordert wird heute immer prominenter «Stakeholder-Value» statt nur «Shareholder-Value».

Wer erteilt die «licence to operate»?

«Die einzige Verantwortung eines Wirtschaftsunternehmens ist es, Gewinne zu schreiben», meinte Milton Friedmann einst. Er lag falsch. Zwar muss das oberste Ziel jedes Unternehmens in der Tat der wirtschaftliche Erfolg sein. Da aber die «licence to operate», also die Rahmenbedingungen, unter welchen eine Firma überhaupt funktionieren kann, von der Gesellschaft und der Politik definiert werden, muss zu diesen eine positive Beziehung gepflegt werden. Was sonst passiert zeigen in der Schweiz politische Vorstösse wie die Abzocker-Initiative oder aktuell die Konzernverantwortungs-Initiative.

Wer als Unternehmer seinen Gewinn maximieren will, muss die zentralen Anliegen, Ziele und Werte seiner Anspruchsgruppen kennen und mit den eigenen abgleichen. Sonst wird die Firma von seinem Umfeld dazu gezwungen – was in der Regel kostenintensiver und konfliktreicher ist, als dies im Dialog zu regeln.

Heute kann jede und jeder mit Smartphone wie ein Medienunternehmen funktionieren und innert Stunden einen – begründeten oder unbegründeten – Shitstorm lostreten. Nur Unternehmer und Unternehmen, die verantwortungsbewusst mit ihrem Umfeld umgehen (Corporate Social Responsibility, CSR) und langfristige vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Anspruchsgruppen pflegen (Governmental Relations) überstehen solche Attacken mehr oder minder schadlos. Auch deshalb zählen diese Disziplinen zu den wichtigsten in den Public Affairs – und zu den Kernkompetenzen der SALADIN PUBLIC AFFAIRS.